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Tag des manuellen Wassersports

  • von KCZ-Autor*innen
  • 03 Juli, 2019

oder Vogalonga in Berlin

Mehr als 10 Jahre mussten wir warten, bis der für muskelbetriebene Wasserfahrzeuge gesperrte Teil der Spree am 18.05.2019 befahrbar war. Beim letzten Mal war ich noch im Faltboot unterwegs und der Palast der Republik wurde gerade abgerissen. Eine solche Gelegenheit konnte ich mir daher nicht entgehen lassen und habe mich alsbald nach der Ausschreibung angemeldet. Mit dem Hinweis unseres Wanderwartes auf die mögliche Einmaligkeit der Befahrung in absehbarer Zeit kamen mehr als 20 Zugvögel zusammen, die am Freitag vor der Fahrt die Boote auf die Hänger schnürten, um am Samstagmorgen rechtzeitig an der Einsatzstelle Caprivi Brücke zu sein. Um 8 vor Ort eingetroffen, war schon ein reges Treiben zu sehen. Bootshänger vieler Vereine wurden abgeladen und die Boote zum Ufer der Spree getragen. Der Start der Kajakfahrer*innen erfolgte die Spree aufwärts zur Lessingbrücke, die den Beginn des an allen sonstigen Tagen für uns gesperrten Bereiches der Spree durch die Innenstadt markiert. Bei sonnigem Wetter und angenehmen Temperaturen paddelten wir los, um möglichst gegen 9:00 Uhr am Sperrbereich zu sein. Leider mussten einige Zugvögel noch warten, da wir 2 Gäste eingeladen hatten, die im Vereinszweier an der Fahrt teilnehmen wollten. Die Gäste, nach unbestätigten Gerüchten Übungsleiter im Hochschulsport, hatten das akademische Viertel deutlich überschritten. Die Fahrt auf der Spree bereits bis zur Sperrstrecke war sehr entspannt. Die Strecke durch die Innenstadt war von 9 bis 14:00 Uhr für die Berufsschifffahrt Tabu, was sich bereits auf der Fahrt bis hin zur Lessingbrücke äußerst positiv auswirkte. Kein Ausflugsdampfer pustete uns seine Abgasschwaden ins Gesicht. Ab der Lessingbrücke begann dann die Genussstrecke. Obwohl ich wusste, dass ich mit weit überwiegend aus Berlin stammenden Kajaksportler*innen unterwegs war, hatte ich das Gefühl, von lauter Tourist*innen umgeben zu sein. Der Fotoapparat wurde am Kanzleramt herausgeholt und bis zur Mühlendammschleuse nicht wieder weggesteckt. Das Kanzleramt, der Lüdersbau, der Reichstag, die Weidendammer Brücke, das Bodemuseum, die alte Nationalgalerie, der Neubau des Schlosses und viele andere tolle Fotomotive hatten es meinen Mitpaddler*innen angetan. Wenn man in Pankow wohnt und jeden Wochentag mit dem Fahrrad nach und durch Mitte fährt, kann man das etwas entspannter angehen und hat nicht die Sorge, dass der teure Fotoapparat oder das Handy ins Wasser fällt. Denn plötzlich musste man wieder aufpassen. Als wir den Neubau des Schlosses passierten kamen die ersten Ruderer entgegen, die die Runde aus Richtung Treptow angegangen waren. Trotz breiter Spree und fehlender Berufsschifffahrt galt es jetzt aufmerksam zu sein, denn auch die Besatzungen der Ruderboote waren häufig im Touristenmodus. Nach dem Nikolaiviertel sahen wir bereits die offenen Schleusenstore der Mühlendammschleuse. Zur Erleichterung der Schleusung waren an den Seiten der Schleusenkammer dicke Taue heruntergelassen, was die Schleusung grundsätzlich sicher sehr erleichterte. Wir waren die 1. Gruppe der "Bergauf- Schleusung". Die fehlende Erfahrung der Schleusensbesatzung mit uns manuellen Wassersportler*innen zeigte sich in den nächsten Minuten deutlich. Die Schleusenstore wurden so schnell und so weit geöffnet, wie es mit den dicken Pötten der Berufsschifffahrt möglicherweise üblich ist. Für die Gruppen, die rechts und links an den ersten beiden Tauen angedockt hatten, führte das zu einer turbulenten Wildwasser Erfahrung. Ein Festhalten an den Tauen war nicht mehr möglich und die Kajaks wurden wild durcheinandergeworfen. Entgegen später gehörter Gerüchte ist jedoch glücklicherweise keiner gekentert. Oberhalb der Schleuse wird die Spree ganz breit. Am flussauf gesehen linken Ufer folgt eine Reihe neuer Architekturversuche, nur teilweise interessant und ein deutlicher Abfall gegenüber der historischen Mitte. Spannend waren die angesagten Clubs auf beiden Seiten der Spree, die wir nun vom Wasser aus betrachten konnten. Gegen den Wind ging es dann zügig Richtung Oberbaumbrücke, die für mich schönste Brücke in Berlin und natürlich wieder für alle ein Superfotomotiv. Auch an der Schleuse zur Einfahrt in den Kanal mussten wir nicht lange warten. Das kleine Stück "abwärts" war nach der letzten Erfahrung keinerlei Herausforderung mehr. Nunmehr ohne Wind fuhren wir durch den an dieser Stelle äußerst idyllischen Landwehrkanal bis hin zu unserem Rastplatz am Urbanhafen. Dort wartete eine freudige Überraschung. Anwohnende Zugvögel labten uns mit frischgebackenem Kuchen, Kaffee und einem sprudelnden Kaltgetränk. Noch einmal ein herzliches Dankeschön. Es dauerte dann noch mehr als eine Stunde bis zur Ankunft der letzten Mitpaddler*innen aus unserem Verein, die mit den beiden Gästen sehr lange an den Schleusen warten mussten und deren Pause daher etwas kurz geriet. Ein Gast und ein etwas angeschlagener Zugvogel verließen uns an dieser Stelle. Bei weiterhin wunderschönem Sommerwetter ging es dann über die Tiergartenschleuse zurück zur Spree und zum Ausstieg an der Caprivi Brücke. Einige besonders Sportliche paddelten noch die weiteren 9 Kilometer zum Verein. Den meisten und auch mir reichten die 25 Kilometer des Rundkurses allerdings völlig aus.

Es war eine wirklich sehr schöne, super organisierte und vor allem wiederholenswerte Gemeinschaftsfahrt. Fast 300 Boote sollen auf dem Wasser gewesen sein, wobei wir Paddler*innen die Mehrzahl der Boote, die Ruder*innen die Mehrzahl der Teilnehmer*innen stellte. Fazit von offizieller Seite: alle haben sich an die Regeln gehalten, keine Vorkommnisse, gerne wieder. Also freuen wir uns auf das nächste Jahr und hoffen, dass sich die Stadtfahrt auf der Spree durch die historische Mitte Berlins genauso etabliert wie die Vogalonga in Venedig.

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